Liebe Freunde, Familie, Bekannte und Unterstützer,

jetzt ist schon über die Hälfte meiner Zeit in Costa Rica vergangen und ich kann es kaum glauben – die Zeit vergeht wirklich wie im Flug. Einerseits fühlt es sich an, als ob wir gerade erst aus dem Flugzeug gestiegen sind um unser Jahr in Costa Rica zu beginnen und auf der anderen Seite ist es unglaublich, wie viel ich schon erleben und mitnehmen durfte. Ich bin so dankbar für all die schönen Erfahrungen, die ich bereits hatte.

Mittlerweile habe ich mich gut eingelebt und es hat sich auch eine Art Alltagsroutine eingestellt.

Weihnachten

Kurz nach dem Schreiben meines letzten Berichtes stand Weihnachten vor der Tür. Schon gut zweieinhalb Monate vorher begann überall der Dekowahn und es wurden riesige Plastikweihnachtsmänner, Elfen und Rentiere aufgestellt, die durch Kunstschnee verzierte „Wälder“ spazierten und alles glitzerte und blinkte. Teilweise hatte das seinen Reiz, dennoch war alles in viel größerem Ausmaß und auch etwas kitschiger,als ich das aus Deutschland gewöhnt war. Die Fundacion stand dem in nichts nach und alles wurde ausführlich geschmückt. Ich hatte jedes Mal beim Eintreten in die große Halle das Gefühl, aus einem schönen Sommertag in eine Winterwunderwelt zu kommen. Bei den Bewohnern kam das sehr gut an und wir unternahmen mehrere Ausflüge, um den Weihnachtsbaum zu bewundern.

Da in Costa Rica nur der 25. Dezember ein gesetzlicher Feiertag ist, hatten wir die Möglichkeit, die Weihnachtsfeier der Fundacion am 24. Dezember mitzubekommen. Es gab einen Gottesdienst und danach ein gemeinsames Essen gefolgt von einer gemeinsamen Bescherung/Feier. Die Stimmung war sehr gut, es gab Musik und Trommeln und die Nonnen trugen zur Feier des Tages riesige Motivhausschuhe =) In unserer WG kochten wir danngemeinsam am Abendund gestalteten für uns eine kleine Weihnachtsfeier. Am 25. waren wir bei einer Freundin und ihrer Familie auf eine Finca eingeladen und konnten so erleben, wie in einer costa-ricanischen Familie Weihnachten gefeiert wird.

Neues aus der Arbeit

In der Arbeit gab es seit meinem letzten Bericht einige Änderungen. Im Dezember wurde ich etwa eine Woche in den normalen Alltag des Frauenhauses eingearbeitet, um diesen besser kennen zu lernen.  Das Pc, in dem ich zuvor gearbeitet hatte und in dem bis zu diesem Zeitpunkt 15 Männer und Frauen lebten, wurde renoviert und etwas umgebaut, sodass die Bewohner verlegt werden mussten. Einige etwas selbstständigere Bewohner kamen in eine kleine Wohnung über der Schule auf dem Gebäude der Fundacion. Dort leben sie bis jetzt, da das sehr gut funktioniert und sie so einen etwas selbstständigeren und unabhängigeren Alltag führen können.

Die restlichen Bewohner des Pcs wurden für den Zeitraum der Renovation auf das Männer – und das Frauenhaus verteilt. So kam es, dass statt sechs Personen nun 12 Frauen im Frauenhaus untergebracht waren. Auch das Zimmer mit Medikamenten und anderen Dingen der Krankenschwestern musste mitumziehen. So blieben zwei Zimmer mit jeweils sechs Personen. Da das Frauenhaus nicht auf so viele Bewohner, und schon gar nicht auf die dazukommende Anzahl an Pflegekräften und Krankenschwestern ausgelegt ist, war es etwas kuschlig und teilweise schwierig, mit den großen Rollstühlen an den gewünschten Ort zu kommen. Doch nach und nach gewöhnten sich alle daran und es entstand eine Art Routine, sodass die etwa zwei Monate des Umbaus ohne größere Probleme verliefen.

Als das Pc fertig war, kamen alle Bewohner, einschließlich der Bewohner des Frauenhauses, für eine Zeit in das Pc, da nun das Frauenhaus renoviert wurde. Ich musste mich zuerst wieder an die langen Wege gewöhnen, die ich jetzt plötzlich wieder zwischen den einzelnen Zimmern zurücklegen musste. Das war im Frauenhaus doch etwas beschaulicher =) Nun war eine Rekordzahl an Bewohnern im Pc, da auch die Bewohner des Pcs, die während des Umbaus im Männerhaus waren, wieder zurückkamen. Außerdem kam ein neuer Bewohner aus Cartago hinzu. Dort gibt es auch ein Heim, welches zu der Fundacion „Manos Abiertas“,in der wir arbeiten, dazu gehört. In Cartago leben etwa 40 Erwachsene mit Behinderung, die alle schwer pflegebedürftig sind.

Seit etwa 3 Wochen ist nun das Frauenhaus endlich fertig und sechs Frauen wohnen jetzt wieder dort, sodass sich die Situation im Pc etwas entspannt hat. Allerdings sind nun nicht mehr dieselben Frauen im Frauenhaus, die zuvor dort lebten, sondern alle, die in der Badewanne und nicht auf dem Duschstuhl gebadet werden. Dies liegt daran, dass die Badewanne im Frauenhaus besser zugänglich ist.

Meine Aufgabenbereiche haben sich seit Beginn nicht groß geändert, allerdings musste ich mich wegen der ständig anderen Umstände an die jeweilsgegebene Situation anpassen. Neu dazu kam, dass ich jetzt auch beim Waschen der Bewohner mithelfen darf. Seit einiger Zeit hat auchdie Schule wieder angefangen und ich unterstütze einige Bewohner bei den Hausaufgaben. Sonst fahre ich regelmäßig mit Bewohnern ins Krankenhaus, um sie zu Terminen zu begleiten.

Oft laufen die Tage sehr ähnlich ab, da es eine ziemlich strenge Routine gibt. Dennoch ist jeder Tag etwas verschieden. Das kommt alleine schon durch die vielen verschiedenen Charaktere der Bewohner, die immer wieder viel Abwechslung in den Arbeitsalltag bringen.

Zwischenseminar

Schneller als gedacht stand dann unser Zwischenseminar an. Wir waren insgesamt 24 Costa Rica Freiwillige aus verschiedenen Organisationen und verbrachten eine Woche in dem Dorf Salitre im Süden Costa Ricas. Das Dorf Salitre ist Teil des gleichnamigen indigenen Gebiets der BriBri. In Costa Rica gibt es insgesamt 8 verschiedene indigene Bevölkerungsgruppen, die etwa 2% der Bevölkerung ausmachen. Die BriBri bilden eine dieser Gruppen.

In dem Dorf gibt es ein als Projekt betriebenes Kulturzentrum, in dem man die Möglichkeit bekommt, als Außenstehender einen kleinen Einblick in das Leben im Dorf und die Kultur der BriBRi zu bekommen. Es befinden sich dort mehrere Hütten, in denen wir schliefen. Das Gelände war super schön! Wir waren umgeben von der Natur, was sehr guttat, um etwas aus dem Alltag herauszukommen. In der Nähe gab es einen Fluss, zu dem wir einmal einen Ausflug unternahmen. Außerdem machten wir einen Sonnenuntergangs- und einen Sonnenaufgangsspaziergang zu einem höher gelegenen Ort, von dem man eine tolle Aussicht hatte und die ganze nähere Umgebung überblicken konnte, was wunderschön war!

Gemeinsam mit unseren beiden Seminarleitern von Brot für die Welt und Eirene hatten wir viele verschiede Programmpunkte und Tätigkeiten. Zum Beispiel Einheiten zu unserer Lage jetzt und wie es uns geht, aber wir sprachen auch über die Zukunft und was uns erwartet, wenn wir wieder nach Deutschland zurückkommen.

Darüber hinaus lernten wir viele interessante Dinge über die BriBri Kultur. Wir bekamen eine Führung über Heilpflanzen und einige traditionelle Erzählungen und hatten einen Austauschabend, bei dem wir uns einander Teile unserer Kulturen präsentierten. Einige Bewohner des Dorfes erzählten uns von den Problemen des indigenen Lebens, die sehr kompliziert und vielschichtig sind.

Ein Problem ist zum Beispiel das Thema der Gesundheit. Der Zugang zum öffentlichen Krankenhaus ist durch die Größe des Territoriums und die teilweise Abgeschiedenheit nur sehr schwer möglich und es gibt so gut wie keine medizinische Versorgung vor Ort.

Bildung ist ebenfallsein problematischerPunkt.Zwar gibt es eine Schule mit gutem Bildungssystem im Dorf, allerdings besteht aus Geldgründen meist keine Chance auf weiterführende Bildung in Universitäten und selbst die Möglichkeit eine (gute) Arbeit zu bekommen ist niedrig. Obwohl viele Familien so gut wie autark leben, ist Armut vor allem in der indigenen Bevölkerung in Costa Rica stark verbreitet. Gott sei Dank gibt es schon einige Lösungsansätze, um den Problemen entgegenzuwirken und es wird weiterhin nach Alternativen gesucht.

Ananas

Viele Bewohner des Dorfes arbeiten wie die meisten Menschen der umliegenden Gebiete auf den riesigen Ananasplantagen. Doch der Anbau der Ananas bringt viele Probleme mit sich. Die Arbeit auf den Plantagen wird sehr schlecht bezahlt. Einer der Gründe dafür ist, dass der Preis von den beiden Hauptabnehmern, USA und Deutschland, immer mehr gedrückt wird. Die Arbeiter haben so gut wie keine Rechte. Dies liegt u.a. daran, dass die Mehrzahl der Arbeiter nur unterangestellt sind und dadurch zum Beispiel keinen Kündigungsschutz haben und immer nur auf Zeit arbeiten.

Auf den Feldernwerden hochgiftige Chemikalien gespritzt, die dafür sorgen, dass eine Ananas, die auf natürliche Art und Weise etwa 2 Jahre reift, schon nach 5 Monaten geerntet werden kann. Diese Chemikalien belasten jedoch stark die Umgebung. So wird zum Beispiel der Boden unfruchtbar, das Wasser wird kontaminiert, sodass es in einigen Gebieten schonnicht mehr trinkbar ist und der Grundwasserspiegel sinkt. Dennoch sind viele Menschen abhängig von der Arbeit auf den Plantagen, da diese viele Arbeitsplätze bieten.

Eine Möglichkeit dem in Deutschland entgegenzuwirken ist zum Beispiel, auf fairtrade zu achten.

Urlaub/Freizeit

Ende Februar/Anfang März kam mich meine Familie besuchen und ich hatte meinen ersten Urlaub. Gemeinsam machten wir eine Rundreise und ich konnte viele neue Gegenden Costa Ricas kennenlernen, die ich zuvor noch nicht kannte. Zuerst verbrachten wir einige Tage in Alajuela, bevor wir zum Vulkan Arenal und von dort aus zum Rio Celeste fuhren. Das ist ein Fluss, der durch die verschiedenen pH-Werte zweier ineinanderfließender Flüsse eine besondere stark türkisblaue Farbe hat. Danach verbrachten wir einige Tage am Pazifik auf der Nicoya-Halbinsel, bevor wir mit Stop in Puntarenas wieder zurück nach Alajuela fuhrenund die Fundacion besuchen konnten.  Die zwei Wochen vergingen wirklich wie im Flug und viel zu schnell musste meine Familie wieder nach Hause fliegen.

Natürlich habe ich auch einige weitere Ausflüge gemacht, um Costa Rica besser kennen zu lernen. Es ist wirklich ein super vielfältiges Land! Mit Noah habe ich einen Tanzkurs angefangen, um einige Lateintänze zu lernen, was wirklich viel Spaß macht.

Alles in allem kann ich sagen, dass ich mich hier sehr wohlfühle und es mir gutgeht.

Muchos Saludos/Viele Grüße,

Eure Charlotte