Liebe Unterstützer, liebe Freunde,

es meldet sich der Freiwillige aus La Rochelle. Seit drei Wochen weile ich nun schon in der schönen Stadt am Atlantik und zunächst möchte ich mich bei allen danken, die mir diesen Friedensdienst in Frankreich ermöglicht haben. Es ist ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass sich so viele für meine Sache interessieren und hinter mir stehen. Vielen herzlichen Dank! Ohne euch wäre dies nicht möglich.

Nun bin ich also in Frankreich. Vor zwei Monaten schien das alles noch weit entfernt und jetzt ging alles rasend schnell.
Begonnen hatte alles mit einem ersten Projektbesuch Ende Juli. Zehn Tage lang konnte ich Land, Leute und die Arbeit zum ersten Mal kennenlernen. La Rochelle ist eine wunderschöne Stadt mit einer herrlichen Altstadt, die zum Glück der Zerstörung des zweiten Weltkrieges entkommen ist. Sie ist um einen alten Hafen angesiedelt und eine Reise wert (ich freue mich jeder Zeit über viel Besuch). Meine Ansprechpartner vor Ort sind Kasper Poter und Doreen Liepert, die die Zusammenarbeit mit EIRENE organisiert haben. Kasper arbeitet selbst in dem Projekt und beide haben mich sehr herzlich empfangen. Ich konnte bei ihnen wohnen bis ich eine Wohnung finden würde, doch dazu später mehr.

Mein Projekt ist ein Hof für Behinderte, die dort leben und Arbeiten können. Der Hof heißt „Ferme de Magné“ und momentan leben dort ca. 60 Behinderte. Im näheren Umkreis befinden sich jedoch noch weitere Wohnheime und Pflegeeinrichtungen, die alle unterdem Dachverband „APAGESMS“ zusammengefasst sind. Die Ferme befindet sich 60 km südlich von La Rochelle in Ste Gemme. Da Kasper auch in La Rochelle wohnt, kann ich täglich mit ihm mitfahren und La Rochelle ist diesen weiten Anfahrtsweg wert. Auf dem Hof gibt es mehrer Arbeitsbereiche: eine Tischlerei, eine Baumschule, einen riesigen Tierpark für Besucher (auch Schulklassen etc.), eine eigene Küche, vier klassische Restaurants, konvetionelle Landwirtschaft (Mais und Wein) und den biologischen Gemüsebau. Letzer wird mein Hauptbereich sein. Zusammen mit vier Mitarbietern und zehn Behinderten wird eine Fläche von …m² ökologisch bearbeitet. Das Angebot umfasst fast alle Gemüsesorten, die über ein Abokistensystem und einen kleinen Bioladen vertrieben werden. Die ersten Wochen werde ich nun vorallem auf dem Feld und in den Gewächshäusern arbeiten. Das heißt Ernten, Pflanzen, Jähten, Pflügen etc. Das war mir zu Beginn gar nicht klar, dass ich so viel in der direkten Produktion zu tun hätte, doch macht das Arbeiten Spaß und die Behinderten haben mich sehr offen und föhlich aufgenommen. Sie erklären mir meistens wie ich etwas machen muss. Da ich im Moment noch nicht allzu gut Französisch spreche, bin ich ja sozusagen auch behindert und habe somit eine ganz andere Beziehung zu den Behinderten, als ich sie in Deutschland haben könnte. Ich bin es, dem man auf Kinderfranzösisch etwas erklären muss. Ich stehe also eher auf einer freundschaftlichen Stufe, was eine erfrischend andere Sichtweise ermöglicht. Doch auch das Miteinander der Mitarbeiter ist sehr nett und so wird sich immer viel Zeit für das gemeinsame Mittagessen genommen, das, typisch französisch, lange dauert und und immer mit Käse und Dessert beendet wird. Generell arbeite ich immer von 8 bis 17 Uhr. Ich habe einen 35 Stunden Vertrag und habe so einen Werktag pro Woche frei, was auch recht angenehm ist.

Doch beschränkt sich meine Arbeit nicht auf den Gemüsebau. Mir stehen alle Be-reich offen und außerhalb der Ferme gibt es auch noch Therapieeinrichtungen für stärkere Behinderungen, die mich sehr interessieren. Unteranderem gibt es Musik-therapie, in der ich vorrausichtlich ab Mitte Oktober zwei Tage pro Woche mitarbeiten werde. Darauf freue ich mich schon sehr, da sich so die Art der Arbeit die Waage hält.

Seit zwei Wochen wohne ich nun auch in meiner erste eigenen Wohnung. Auf der Ferme gibt es noch eine weitere deutsche Freiwillige (Maria), die gleichzeitig mit mir angefangen hat, jedoch mit einer anderen Organisation gekommen ist. Wir teilen uns eine 75 m² große Wohnung in zehn Minuten Fahrradentfernung von der Innenstadt. Das Appartement liegt im vierten Stock und ist wirklich super. Die Mieten in La Rochelle sind extrem hoch, doch ich habe das Glück, dass die Ferme die Kosten übernimmt. Die Küche ist leider nicht so gut ausgestattet, was ein bisschen lästig ist, da ich Kochen zu meinem neuen Hobby erklärt habe. Ich kann auch jederzeit Biogemüse von der Arbeit mitnehmen, so dass immer leckere Sachen zustanden kommen. Der Nachteil an der neuen Wohnsituation ist nur leider, dass ich nicht mit Franzosen zusammenwohne und so nur bei der Arbeit Französisch spreche. Auch der Kontakt zu Gleichaltrigen fällt dadurch schwerer. Um dies zu erleichtern habe ich angefangen Rugby zu spielen, was viel Spaß macht, doch vielleicht wechsle ich noch zu Fussball, da es in den Spielen doch meist mehr um die Rauferei geht und der Ball in den Hintergrund gerät. Im Frühjahr werde ich dann wohl anfangen zu segeln. Doch zurück zur Wohnung. Ich halte weiter Ausschau nach französischen WGs und schaue mir in den nächsten Tagen auch schon die ersten Angebote an. Ich werde wohl bald wieder umziehen. Dies ist auch besser für das Verhältnis zu meiner Mitfreiwilligen, da zusammen Arbeiten und Wohnen auf Dauer doch zu viel ist und wir auch nicht ganz auf einer Wellenlänge sind, was vorallem mich stört.

Die Eingewöhnungsphase ist also noch nicht ganz vorbei und der Abschied von der Heimat fällt auch immer noch etwas schwer, doch beginne ich mich in der Stadt und in dem Land wohlzufühlen und regelmäßiger Kontakt mit Zuhause erleichtert mir dies auch. Zu dem wurde ich bei meinem Eirene-Aureisekurs genau auf solche Situationen schon gut vorbereitet, wovon ich noch berichten möchte.
Der Kurs fand vom 31. Juli bis zum 12. September statt und war für die Vorbeitung des Dienstes ganz entscheidend und sehr wichtig. Wir waren 26 Freiwillige, die alle nach Frankreich, Belgien, USA oder Kanada gingen. Trotz der überdurchschnittlichen Größe der Gruppe war das Gemeinschaftsgefühl enorm stark und so harmonisch, wie ich es bisher in Schule und ähnlichem noch nicht erlebt habe. Vielleicht ein Resultat der doch sehr ähnlichen Einstellung, die Eirenefreiwillige habe. Das Programm war straff gegliedert, umfasst jedoch auch Freizeitphasen, in denen man die Mitfreiwilligen sehr gut kennenlernen konnte und so ein Netzwerk entstanden ist, das bestimmt viele Besuche und Reisen im kommenden Jahr erwarten lässt. Das Seminar wurde von zwei Eirenemitarbeitern und zwei ehemaligen Freiwilligen geleitet.
Die Einheiten beschäfftigen sich vorallem mit Phasen des Dienstes, Dienstverständnis, Alltagsproblemen, länderspezifische Vorbereitung, Versicherungen etc, interkulturelles Lernen, Gewaltfreiheit und Kommunikation und Gruppendynamischen Übungen, aber auch Entwicklungspolitik und die Aidsproblematik standen auf dem Programm. Generell wurden die einzelnen Punkte immer sehr interaktiv und spannend gestaltet, was eine gute Atmosphäre schaffte. Ein Highlight war eine Übung, bei der man in Dreiergruppen eingeteilt wurde und mit verbunden Augen, ohne Geld und Handy ca. 30 km weit weggefahren wurde und den Auftrag hatte, eine Stunden freiwillig irgendwo zu arbeiten, sich dies bestätigen zu lassen und anschließend wieder zur Eirenegeschäftsstelle in Neuwied bei Koblenz zurück zu finden.
Meine Gruppe wurde mitten in einem Weinberg am Rhein ausgesetzt und so haben wir nach einigem Suchen bei einem Winzer im Weinberg gearbeitet, der uns danach noch zu einer einstündigen Weinprobe eingeladen hat. Züruck sind wir dann getrampt. Eine tolle Erfahrung, bei der wir enorm viel Spaß hatten. Der Wein war auch wirklich gut. Bei der anschließenden Besprechung wurden die unterschiedlichsten Erlebnisse besprochen. Viele hatten Probleme Arbeit zu finden, da die kostenlose Hilfe bei vielen Menschen auf Unverständnis und Ablehnung stieß, bei anderen aber wiederrum auf freudige Unterstützung. Dies war nur eine Übung von vielen, die auf eine tolle Art und Weise wesentliche Aspekte und Probleme des Dienstes verdeutlichten und sicher noch viel helfen werden. Gerade auch der Austausch mit den anderen Freiwilligen war und ist sehr wichtig.

Das waren nur vorerst die ersten Neuigkeiten aus Frankreich. Ich habe kürzlich einen Internetblog eingerichtet, auf dem ich in kürzeren Abständen Neuigkeiten aus La Rochelle berichten werde und auch Fotos betrachtet werden können. Die Adresse lautet: www.monsieurluz.blogspot.com Ansonsten freue ich mich auch jederzeit über Post oder gar Besuch.

Übrigens ist die Zugverbingung hierher hervorragend. Von Straßburg ist man per TGV innerhalb von 6 Stunden bei mir und wer frühzeitig bucht bezahlt nur knapp 80€.

Den nächsten großen Rundbrief gibt es kurz vor Weihnachten. Ich freue mich aber sehr über Antworten oder jede Kontaktaufnahme, die ihr wünscht. Alle Fragen, die euch brennend interessieren oder auch Protestmails, Kritik, Anmerkungen, Danksa-gungen, Spendenaufrufe, Witze etc. versuche ich immer so schnell es geht zu be-antworten.

Bis dahin oder bis bald sende ich euch herzliche Grüße und alles Gute aus La Ro-chelle nach Deutschland.

Au Revoir, A Bientôt, Salut et Bisous.

Euer Christian.