Liebe Förderer, Freunde und Verwandte,

mittlerweile bin ich schon fast drei Monate in Indien (ein Viertel meines Jahres!) und seit meiner letzten Rundmail ist viel passiert. Zum einen haben Lisa und ich angefangen neben dem Vorschulprojekt am Morgen auch nachmittags in einer staatlichen Schule zu unterrichten. Nach der ersten Stunde „spoken English“ waren wir total motiviert, weil die 14-jährigen Schüler natürlich sehr viel bessere Englischkenntnisse haben als die kleinen Vorschulkinder morgens und somit die Kommunikation einfacher verläuft; Außerdem können wir die Unterrichtsstunde komplett allein gestalten und haben somit sehr viel Freiraum und auch mehr Verantwortung als in der Vorschule. Doch mit jeder weiteren Unterrichtsstunde zeigte sich, dass das alles leichter gesagt als getan war. Vor allem die Jungs tanzen uns bis heute auf der Nase herum, machen Quatsch und lassen sich kaum disziplinieren. Wir haben schon versucht gemeinsam Regeln aufzustellen und diese für alle sichtbar an der Wand aufzuhängen, doch leider eher mit mäßigem Erfolg. Dennoch hoffe ich, dass es mit der Zeit besser werden wird auch deshalb, weil am Ende jeder Unterrichtsstunde die Kinder sich so herzlich von uns verabschieden, dass klar wird, dass ihr schlechtes Benehmen nicht wirklich gegen uns gerichtet ist. Auf jeden Fall ist es eine sehr interessante Erfahrung zu unterrichten (Hut ab an alle (Mittelstufen-)lehrer!) und ich denke, dass es eine große Chance ist, den Kindern durch diesen einjährigen Nachmittagsunterricht  besseres Englisch beizubringen.

Am 24. Okotober fand hier in Indien das Dussehra-Festival statt, das in unserer Stadt besondes ausgiebing gefeiert wird: Die ganze Stadt wird mit Lichtgirlanden geschmückt, es gibt viele verschiedene kulturelle Veranstaltungen und als Höhepunkt findet ein großer und farbenfroher Umzug statt, zu dem Lisa und ich gemeinsam mit anderen Freiwilligen hingegangen sind. Bereits fünf Stunden vor Beginn haben wir uns aufgemacht, um einen Sitzplatz zu ergattern und trotz des langen Wartens in der prallen Sonne war es am Ende ein sehr schöner Tag. (siehe Foto 1)

bild 2 vorschule

Zurück zur Projektarbeit: In der Vorschule läuft es wirklich gut, die Kinder werden immer zutraulicher und ich habe ihnen mehrere Puzzels und Knete gekauft, damit sie auch mal etwas spielen können. In letzter Zeit kamen wegen des Dussehra-Festivals weniger Kinder als sonst (siehe Foto 2), aber das hatte natürlich auch den Vorteil, dass man sich intensiver mit ihnen beschäftigen konnte.

Neben der Arbeit unternehmen Lisa und ich an den Wochenenden kleinere Trips um die Gegend hier zu erkunden und wir hatten noch jedes Mal eine super Zeit gemeinsam. An einem Wochenende sind wir zum Beispiel mit dem Nachtbus nach Hampi gefahren, das ist eine historische Stätte mit Ruinen, die in einer fantastischen Felslandschaft gelegen sind und zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. (Foto 3)

Und neben den verschieden Landschaften und Orten, die wir schon gesehen haben, lernen wir natürlich mitten im Alltag stets neue Aspekte des indischen Lebens kennen, das so viele Facetten hat. All meine Eindrücke in wenige Worte zu fassen ist eigentlich unmöglich, Indien ist tatsächlich so vielfältig und wiedersprüchlich wie gerne behauptet wird. Spannend ist auf jeden Fall, dass ich durch meine Arbeitsstelle muslimische Bräuche, wie das Opferfest, bei dem jede Familie einen Monat ein Schaf bei sich zu Hause ernährt, dass am Ende des Monats dann geschlachtet und zum Teil verschenkt wird,  kennenlerne und durch die Gastfamilie hinduistische Bräuche, wie der „Maschinen-Andachts-Tag“, an dem man Zeremonien mit allen Maschinen im Haus veranstaltet, damit sie auch weiterhin gut funktionieren. Wir durften mitmachen und auf Foto 4 bin ich gerade mit Räucherstäbchen an unserem Roller am Werk. ;)

bild 3 hampi

Mittlerweile haben Lisa und ich auch schon ein paar Inder kennengelernt mit denen wir uns in unserer Freizeit treffen und gemeinsam abwechselnd deutsche und indische Gerichte kochen oder in Hindi-Filme ins Kino gehen, von denen Lisa und ich die Dialoge -von ein, zwei Vokabeln einmal abgesehen-  zwar nicht wirklich verstehen; Dank der einfach gestrickten Handlung und der übertriebenen Darstellung der meisten Bollywood-Filme ist das jedoch nicht so schlimm und wir haben dennoch unseren Spaß. Und da wir mittlerweile immerhin schon alle Hindi-Schriftzeichen beherrschen und gerade dabei sind die ersten, einfachen Sätze zu bilden, hoffe ich, dass wir am Ende des Jahres vielleicht auch etwas mehr von den Filmen verstehen werden.

So viel zu mir. Ich hoffe Ihnen/Euch allen geht es gut! Ich freue mich über jede Antwort.

Liebe Grüße

Kristin