Predigt Altsasbachertag 2010

Pfarrer Dr. Roland Merz, Ettlingen

Zusammenfassung

 

„Die Krähen schrei’n

und ziehen schwirren flugs zur Stadt:

Bald wird es schnei’n –

Wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat! …“

Der November steht vor der Tür. Der Nebel hat es uns heute Morgen anschaulich vor Augen geführt. Aber es ist mehr als Novemberstimmung, die aus dem Gedicht von Nietzsche spricht. Es ist die Sehnsucht nach Heimat – und beim Philosophen Nietzsche selbst die innere Heimatlosigkeit, die er sich da von der Seele schreibt.

„Weh dem, der keine Heimat hat!“

„Wie liebenswert ist deine Wohnung, Herr… meine Heimat sind deine Altäre… (Psalm 84)

Können wir dies heute Morgen am Kirchweihfest auch sagen:

„Herr, dein Haus, deine Kirche ist mir zur Heimat geworden?“

Mir ist die Kirche zur Heimat geworden durch viele Menschen in den verschiedenen Abschnitten meines Lebens. Hier in Sasbach, in St. Pirmin, durch Mitbewohner und Klassenkameraden, durch den damaligen Rektor Herrn Hermann Oberle, an der Lender, durch Lehrer im Unterricht, ob in Deutsch ein Herr Dr. Franz Effinger, oder in Geschichte und Latein,  ein Herr Dr. Werner Guldenfels, oder durch Begegnungen im Dorf und der Umgebung.

Sicher wärt ihr heute nicht hier am Altsasbachertag, wenn ihr nicht ähnliche Erfahrungen gemacht hättet. Wir haben bei allen Problemen, Unzulänglichkeiten, Kirche als Heimat und Gemeinschaft erfahren.

Ist die Kirche auch heute noch meine Heimat?

Manchem wurde diese Heimat irgendwann zu eng und er suchte „das Weite“ und dennoch bleiben Wurzeln lange lebendig (ein stiller Besuch einer Kirche im Urlaub, Taufe eines Kindes, Hochzeit…). Irgendwie bleibt ein Rest von Heimat.

Umfragen sagen, dass es trotz aller Unzulänglichkeiten Kirche geben muss, auch wenn  man selbst auf Distanz gegangen ist. Es spricht daraus die Sehnsucht nach einem Stück Heimat. Was wären unsere  Städte und Dörfer ohne Kirchen…

Freilich kann es nicht um Heimatromantik gehen, sie kann einengen und verlogen sein. Es gibt Menschen (die nicht die schlechtesten sind) die von der Kirche im Zorn geschieden sind, sich aus kirchlichen Fesseln befreit haben und es gibt – leider – auch „Heimatvertriebene“  Menschen, die aus der Kirche hinausgetrieben wurden…

Friedrich Nietzsche stammt aus einem evangelischen Pfarrhaus und hat später mit der Kirche gebrochen. „Weh dem, der keine Heimat hat“.

Ob nicht in diesem Wort der eigene Weg mit der Kirche anklingt?

Wenn wir heute nach der ersten Aufgabe der Kirche fragen, dann ist das sicherlich „Menschen beheimaten“. Raum schaffen für Menschen mit ihren Problemen, Fragen, ihrer Lebensgeschichte, ihrem Scheitern und Gelingen… ihren Freuden und Hoffnungen… Kirche als Haus der offenen Türen: „Herzlich willkommen!“

Unsere letzte Heimat ist Kirche freilich nicht!

„Unsere Heimat ist im Himmel“. Diese Aussage des Paulus hilft gegen überzogene Erwartung an die Kirche. Die Nestwärme, die manche in der großen Kirche vergeblich suchen, kann schnell zum Mief werden an dem man erstickt.

Kirche will und soll Heimat bieten wie eine Herberge, ein Gasthaus am Weg:

Es nimmt nicht die Luft, es gibt Raum zum Aufatmen, es hält nicht fest, sondern stärkt für den Weg.

Heute Morgen sagen wir auch dank für das Stück Heimat, das wir in der Kirche gefunden haben, für den Wegabschnitt unseres Lebens hier in Sasbach, für das Stück Heimat, das wir hier erfahren und erleben durften: Wohl dem, der eine Heimat hat!