Bericht des Schulleiters

Jahresbericht 2008 des Schulleiters OSTD Dr. Hubert Müller

Liebe Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Eltern und Altsasbacher,
das Erscheinen des Sasbacher 2008 gibt dem Schulleiter Gelegenheit, auf das zu Ende gehende Schuljahr 2007/08 zurückzublicken. Da es für mich zugleich mein letztes Jahr an der Heimschule Lender ist, soll der Blick etwas weiter gehen und eine Standortbestimmung versucht werden.

Grundsätzliches
Ganzheitliche Erziehung

Wenn Sie dieses Jahrbuch aufmerksam lesen, so wird Ihnen wieder die Vielfalt der außerunterrichtlichen Aktivitäten, der Theater- und Musikveranstaltungen und der Auslandsbeziehungen auffallen. Das Stück „Sehen, was war – die Geschichte zweier Jüdischer Brüder“, das in den Pfingstferien 2007 in Israel dreimal aufgeführt worden war, wirkte auch noch in den Herbst hinein: Als Ehud Loeb, dessen Eltern 1942 in Auschwitz ermordet wurden und der seit seiner Deportation von Bühl nach Gurs im Jahre 1940 nicht mehr in Deutschland gewesen war, die Aufführung des Stücks in Jerusalem gesehen hatte, rief er am nächsten Tag an und teilte uns mit, dass er nun wisse, dass es in Deutschland eine andere Jugend gebe und dass er vorhabe, im Herbst nach Deutschland zu kommen. Was unzählige Einladungen der Stadt Bühl nicht geschafft haben, haben unsere Schülerinnen und Schüler mit ihrer Aufführung erreicht: Herr Loeb kam mit seiner Familie im August 2007 nach Bühl und besuchte auch an einem Abend die Israelfahrer. Darauf dürfen unsere Schülerinnen und Schüler zusammen mit den verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen stolz sein.
Das Projekt ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie an der Heimschule ganzheitliche Erziehung gelingt: Kein Geschichtsunterricht kann die persönliche Erfahrung ersetzen, die die Schülerinnen und Schüler gemacht haben beim Schreiben des Stücks, beim Umsetzen in Theaterszenen und Musikstücke, bei den Aufführungen vor Eltern und Schülern, vor dem Zentralrat der Juden in Berlin, in Tel Aviv, in Jerusalem, in einem Kibbuz in Galiläa und vor allem bei den persönlichen Begegnungen mit israelischen Schülern und vielen alten Männern und Frauen, die Opfer der Verfolgung in der Nazizeit gewesen waren.
Dass sich die Kolleginnen und Kollegen um diese ganzheitliche Erziehung auch im schulischen Alltag bemühen, zeigt wiederum dieser Sasbacher. Ich kenne keine andere Schule, die die musischen und kreativen Fähigkeiten mehr fördert als unsere Schule. Trotz der großen zeitlichen Belastung, die das achtjährige Gymnasium mit sich bringt, ging die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Arbeitsgemeinschaften besuchen, nicht zurück.

Eltern und Schülerinnen und Schüler zeigen damit, wie wichtig ihnen diese ganzheitliche Förderung ist. Die Konzerte und heateraufführungen haben eine Qualität erreicht, die weit über das hinausgeht, was man von einer Schule erwarten kann.
Zahlreiche Preise auf Kreis-, Landes- und Bundesebene erlangten auch unsere Sportgruppen. Ein Höhepunkt des sportlichen Schuljahres war der Lenderlauf, an dem die ganze Schule, Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen, teilnahmen. In unseren Ateliers werden Schülerinnen und Schüler bei ihrer Vorbereitung auf ein Studium an einer Kunsthochschule unterstützt. Die Kunstkolleginnen und -kollegen beraten sie bei der Erstellung ihrer Mappen und laden Professoren aus den Hochschulen ein, die durch Vorträge und persönliche Gespräche wertvolle Hinweise für die Studienentscheidung geben. Das Highlight des diesjährigen Altsasbachertages war die Aufführung des Lenderfi lms: Schüler und Kollegen haben mit professioneller Begleitung in diesem Film die Geschichte der Heimschule Lender fundiert und dabei unterhaltsam dargestellt. Der Film zeigt, mit wie viel Mut und Tatkraft Lender diese Schule aufgebaut hat und wie eng auch heute noch ehemalige Schüler mit der Schule als ihrer Heimat verbunden sind. Das Konzept der Heimschule Lender – ein Konzept für die Zukunft? Gerade eine Freie Schule muss sich immer wieder die Frage stellen, ob ihr Grundkonzept zukunftsfähig ist. Viele Schulen in Baden-Württemberg haben nicht zuletzt wegen der Fördergelder, die der Bund und das Land zur Verfügung gestellt haben, auf die Ganztagesschule umgestellt. Schnell zeigte sich die Achillesferse des Programms: Gebäude und Ausstattung wurden zwar subventioniert, aber Personal wurde zunächst nicht zur Verfügung gestellt. So behalf man sich mit Hausaufgabenbetreuung durch Oberstufenschüler, mit Rentnern, die die Aufsicht übernahmen. Erst das Programm des Jugendbegleiters lässt eine Konzeption erkennen, bei der Schülerinnen und Schüler eine angemessene Betreuung erfahren. Die Heimschule Lender hatte sich dafür entschieden, bei ihrem Konzept der freiwilligen Ganztagesschule zu bleiben. Etwa 120 Schülerinnen und Schüler insbesondere der Unterstufe besuchen in diesem Schuljahr an drei oder fünf Tagen das Tagesheim. Es ist aus unserer Sicht unbedingt erforderlich, dass es ein festes Stammpersonal gibt, das täglich die Schülerinnen und Schüler ab 12 Uhr in Empfang nimmt, mit ihnen gemeinsam isst, die Freizeit begleitet und die Anfertigung der Hausaufgaben betreut. Vier Erzieherinnen bilden im Tagesheim diesen Stamm: Sie sind jeden Tag von 12 bis 17 Uhr feste Ansprechpartner. Kolleginnen und Kollegen übernehmen die Fachberatung in den Hauptfächern, besonders qualifi zierte Oberstufenschülerinnen und –schüler verstärken das Team. Das Konzept, das Professionalität und Verlässlichkeit bietet, wird auch vom Elternbeirat einer verpfl ichtenden Ganztagesschule vorgezogen.

Nur Licht – kein Schatten?
Im Herbst 2006 hatte sich die Heimschule Lender als eine der Pilotschulen der Fremdevaluation gestellt. Der Blick von außen auf unsere Schule offenbarte viel Gutes (s. Sasbacher 2007), an den genannten Kritikpunkten arbeiten wir seitdem kontinuierlich. Das Kollegium will sich weiterhin in regelmäßigen Abständen eine Rückmeldung der Schülerinnen und Schüler zu ihrem Unterricht holen. Die Fremdevaluation hob das positive Schulklima hervor, insgesamt fühlen sich unsere Schülerinnen und Schüler wohl an der Schule. Die sehr schöne Schulkleidung, die in diesem Schuljahr nach Entwürfen von Schülerinnen und Schülern angeboten wird, findet reißenden Absatz. Ein weiterer Beleg für die Identifi kation mit der Schule sind auch die hohen Beitrittszahlen zum Altsasbacherverein, der in der Schule hohes Ansehen genießt und durch den viele Ehemalige den Kontakt zur Schule aufrecht erhalten. Keiner kennt wohl die Schattenseiten einer Schule besser als der Schulleiter; denn meist nimmt man dann mit ihm Kontakt auf, wenn es etwas zu kritisieren gibt. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat und der SMV und der Entwicklung einer Konfl iktkultur, zu der die Arbeit der Schüler- und Lehrermediatoren entscheidend beiträgt, gelingt es an der Heimschule Lender meist Konfl ikte einvernehmlich zu lösen. Ein Kernproblem, das die Schule die nächsten Jahre beschäftigen wird, bleibt das achtjährige Gymnasium. Nachdem die Kritik immer deutlicher wurde, haben Eltern und Schulleitung gemeinsam eine Umfrage unter den Eltern aller Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 8 durchgeführt. Die Resonanz auf diese Umfrage war enorm, und es zeigt sich: Der Leidensdruck vieler Familien ist groß. Die Heimschule hatte geglaubt, dass sie auf das achtjährige Gymnasium bestens vorbereitet ist: Wir hatten Erfahrungen mit dem achtjährigen Gymnasium in der alten Form; die Infrastruktur mit Küche und Cafeteria war vorhanden; die Kapazität wurde verdoppelt; das Tagesheim bietet eine ideale Ganztagsbetreuung für die Unterstufe; die Schulcurricula waren vorbereitet, die Stundentafeln wurden mit Sorgfalt ausgearbeitet. Dennoch: Die Umfrage zum achtjährigen Gymnasium ergibt bestenfalls eine 4 minus. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die heutige Elterngeneration deutlich kritischer die Schule begleitet, als dies früher üblich war, selbst wenn man ferner das Streben mancher überbehütender Eltern in Rechnung stellt, ihr Kind vor hohen Anforderungen zu schützen, es bleibt dabei: Die Umsetzung des achtjährigen Gymnasiums muss von Kolleginnen und Kollegen sowie von der Schulleitung erneut gemeinsam mit den Eltern erörtert werden. Dem scheidenden Schulleiter sei ein kritisches Wort zu den Reformen erlaubt, die in den letzten Jahren das Gymnasium erfuhr: Große Vorbehalte habe ich gegenüber den so genannten GFS (gleichwertige Form einer Schülerleistung) sowie gegenüber den Präsentationsprüfungen im Abitur. Obwohl wir einheitliche Standards für die Anforderungen an eine GFS in der Unter-, Mittel- und Oberstufe in den einzelnen Fachbereichen festgelegt haben, kommt es hier zu großen Unterschieden in der Aufgabenstellung und Bewertung. Allen Beteuerungen zum Trotz spielt die äußere Form, die „Show“, natürlich eine Rolle bei der Bewertung. Ich weiß, dass es in der Oberstufe und über das Internet einen regen GFS-Handel gibt und habe schon selbst erlebt, wie Eltern davon sprachen „Wir haben uns bei der GFS so große Mühe gegeben.“ Noch mehr Unmut hat die neuerliche Reform der Oberstufe ausgelöst: Hat man noch vor einigen Jahren die Schulen dazu aufgefordert, sich zu profi lieren, so schafft man kurzerhand und ohne Not die Profi lfächer in der Oberstufe ab. Dies bedeutet, dass Musik, Sport und Kunst zwar in der Oberstufe noch als vierstündiges Fach gewählt, jedoch nicht mehr mit einem gesellschaftlichen Fach (Geschichte, Gemeinschaftskunde oder Religion) kombiniert werden können. Alle Proteste gegen diese unverständliche „Reform“ blieben ergebnislos. Wenn ich am Ende dieser grundsätzlichen Ausführungen einen Wunsch für die Zukunft der Schule äußern darf, so wünsche ich der Heimschule Lender, dass sie sich dem gesellschaftlichen Trend der Beschleunigung und Verdichtung soweit wie möglich entziehen kann. Slow school wäre meines Erachtens ein anzustrebendes Ziel: Zeit zur Konzentration auf das Wesentliche, Zeit zur Kommunikation und Meditation, Zeit, das Gelernte sich setzen zu lassen, Zeit für Gott und die Mitmenschen. So bleibt denn der Wahlspruch der Heimschule Lender, den unsere Schülerinnen und Schüler auf ihren Shirts tragen, stets aktueller Auftrag: Initium sapientiae timor domini.

Baumaßnahmen
Der Schwerpunkt der Investitionen in den letzten Jahren lag auf der Erneuerung der naturwissenschaftlichen Räume: So wurde ein biologiesaal komplett umgebaut und modernisiert, zwei Klassenzimmer wurden in einen NWT-Raum mit Vorbereitungsraum umgebaut, am Ende des vergangenen Schuljahres wurde ein weiteres Klassenzimmer in einen Chemiesaal umgebaut und in den Sommerferien dieses Jahres ist nun die Physik an der Reihe. So kamen Investitionen von rund einer halben Million Euro in den letzten Jahren den Naturwissenschaften zugute. Für insgesamt eine Million Euro werden die Fenster erneuert, die erste Hälfte im vergangenen Jahr, die zweite in diesem Jahr. Wir sind dem Schulträger, der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg, sehr dankbar für die Bereitstellung dieser Mittel.

Personelles
Mit Ablauf des vergangenen Schuljahres schieden folgende Kolleginnen und Kollegen aus: Frau Datow, Frau González, Herr Dr. Kaminski (Referendar), Herr Keller, Herr Lörch und Frau Alexandra Müller. Neu an die Heimschule kamen: Herr Feigenbutz (war bereits hier Referendar mit Deutsch, Geschichte), Herr Goetz (Französisch, Biologie), Herr Walter (Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Rechnungswesen), Frau Vega-Ordónez (Spanisch), Frau Domingo (Spanisch), Frau Zürn (Referendarin mit Kath. Religion und Erdkunde) und Herr Wolowczyk (Referendar mit Latein und Geschichte). Im Tagesheim beginnt Frau Hund ihr Anerkennungspraktikum. Ende November ist Frau Gabriele Ernst in den Ruhestand getreten. Sie arbeitete 29 Jahre als Sekretärin an der Heimschule Lender und war in dieser Zeit eine der guten Seelen der Schule. Die Schulgemeinde dankt ihr herzlich für ihre Arbeit im Interesse der Schülerinnen und Schüler, der Kolleginnen und Kollegen und der Schulleitung.

Abschied
Mit diesem Jahresbericht verabschiede ich mich von Ihnen, verehrte Eltern und Altsasbacher, liebe Schülerinnen und Schüler, um die Schulleiterstelle der Deutschen Schule der Borromäerinnen in Alexandria zu übernehmen. Es bleibt mir, allen herzlich zu danken für die vergangenen 23 Jahre, in denen ich hier arbeiten durfte. Das Zusammenwirken von sehr kooperativen und aktiven Eltern, von Kolleginnen und Kollegen, die in ihrer großen Mehrheit ein ganz außergewöhnliches Engagement zeigen, von technischen Mitarbeitern, die uns in dieser Arbeit nach Kräften unterstützen, einer Schülerschaft, die gerade in den letzten Jahren zur Weiterentwicklung der Schule und zu einem guten Schulklima viel beigetragen hat und dem Altsasbacherverein, der seinesgleichen sucht, machen die Heimschule Lender zu einer unvergleichlichen Schule, die den Namen „Heimschule“ zurecht trägt.

 

Auf Wiedersehen Hubert Müller

Acht Jahre Lendergeschichte – kurz beleuchtet …
Manfred Keller

Wann schreibt ein Schulleiter Schulgeschichte? Ist das eine Frage der Länge des Zeitraumes? Wenn man Hubert Müllers acht Jahre mit der Regierungszeit etwa der von Wilhelm Benz (20 Jahre, von 1945 bis 1965) oder von Hermann Schindler (fast 30 Jahre, von 1894 bis 1923) vergleicht, dann ist die Zeitspanne nur kurz. Aber wenn man sich ansieht, was in diesen Jahren, zwischen 2000 und 2008, alles an der Heimschule Lender passiert ist und was er, Hubert Müller, selbst angestoßen, auf den Weg gebracht und ausgestaltet hat, dann scheint die Formulierung nicht zu hoch gegriffen: Er hat Lendergeschichte geschrieben!Hubert Müller

Das ist insofern bemerkenswert, als man das Gleiche mit Sicherheit von seinem Vorgänger auch sagen kann, sodass Hubert Müllers Startvoraussetzungen gar nicht so einfach waren. Als im Jahre 2000 Karlheinz Ott verabschiedet wurde, fi el diese Feier zusammen mit dem 125. Schuljubiläum, mit dem 1250. Gemeindejubiläum und den allgemeinen Millenniumsfeierlichkeiten dieses Jahres. Bei dem gigantischen Fest mit Zirkuszelt, Erzbischof, Ministerin und tausend Würdenträgern wurde der großen Verdienste von Karlheinz Ott gedacht, der die Heimschule Lender in einer schwierigen Umbruchphase souverän und sicher durch stürmische Gewässer dirigiert hatte. Hubert Müllers Amtsantritt vollzog sich in diesem Trubel damals fast nebenbei. Doch er trat schnell aus dem Schatten seines Vorgängers heraus. Es war nicht nötig, dass er sich in Stil und Auftreten absetzte und eine Revolution anzettelte. Vielmehr zeigte sich an diesem Übergang, dass eine reibungslose Evolution von großem Vorteil sein kann. Die oft gestellte Frage, ob ein neuer Chef aus demselben Stall kommen dürfe, kann man nicht allgemein beantworten. In diesem Fall war die Tatsache, dass Hubert Müller zwei Jahre Otts Stellvertreter und vorher schon viele Jahre Kollege war, kein Nachteil, sondern Voraussetzung für fruchtbare Kontinuität. Die Konsequenzen der Umbruchphase mussten bewältigt werden: Die Heimschule Lender als Stiftungsschule, die Heimschule Lender ohne Internat, die Heimschule Lender ohne die Pforte, ohne die Schwestern, ohne das Schwimmbad, ohne vieles, was sie lange als besondere Schule ausgezeichnet hatte, das verlangte eine Neudefi nition und eine Neupositionierung. Gleichzeitig musste das Lenderschiff durch die Klippen der Schulreform gesteuert werden, die in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts die ganze Bildungslandschaft prägte und nicht selten für Verunsicherung sorgte. Hubert Müller nahm das Steuer selbstbewusst in die Hand und hatte einen Riecher dafür, wie man in dieser schwierigen Situation aus der Not eine Tugend machen kann.

Und heute lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass es ihm gleichzeitig gelungen ist, die Lender zu einer ganz normalen Schule zu machen und ihr das Besondere zu erhalten.

Das fängt schon beim Campus an, der nach dem Wegfall der alten Funktionen viel Raum für kreative Neugestaltung bot. In Hubert Müllers Amtszeit fällt die Umwandlung des Schwimmbadgeländes in eine Freizeitanlage mit Beachvolleyballplatz und Grillhaus (diese Anlage ist inzwischen seit vielen Jahren auch traditioneller Zeltplatz der Abiturienten mit unnachahmlichem Kultcharakter. Ebenfalls ohne Beispiel ist die wunderschöne Cafeteria im F-Bau, die unter Mithilfe von Eltern, Schülern und Lehrern entstand. Das Lendermuseum kann man als weiteres einzigartiges Schmuckstück der Schule nennen. Und schließlich wird die Eröffnung des Lenderschen Kulturhauses immer mit dem Namen Hubert Müllers verknüpft bleiben, der sich mit Nachdruck gegen eine schulfremde Verwendung des T-Baues gestemmt hatte und der, als der Vorschlag zur Neu-Nutzung einmal im Raume stand, nicht nur deren institutionelle Umsetzung beförderte, sondern selbst den Farbpinsel in die Hand nahm und bei der Renovierung tatkräftig mithalf. Heute ist das Kulturhaus weit über die Grenzen Sasbachs hinaus bekannt,- als Schauplatz für niveauvolle Veranstaltungen im Bereich Musik, Theater und Bildender Kunst. (Anmerkung: Immer dann, wenn gewisse Nebenfiguren auf der Lenderbühne, etwa ein Bettler, ein Schäfer oder ein antiker Gott, frappierend an Hubert Müller erinnerten, so war das keine optische Täuschung, -sondern das war er wirklich!)

Über die baulichen Veränderungen hinausgehend, mussten die schulpolitischen Herausforderungen angegangen werden, die in kurz aufeinander prasselnder Folge auf Kollegiumnund Schulleitung einstürzten. Bemerkenswert ist, dass Hubert Müller nie nur reagierte, sondern sich diesen Reformen aktiv stellte und vieles vorwegnahm, was in manchen staatlichen Schulen erst mit ein oder zwei Jahren Verspätung ankam: Das fängt schon mit dem G8 an, das mittlerweile fast überall in Deutschland verbindlich ist. Die Heimschule Lender bildete früh Versuchsklassen und probierte vieles praktisch aus, was andernorts noch theoretisch diskutiert wurde. Heute ist die erste G8-Klasse in der Oberstufe angelangt; sie wird im nächsten Jahr gleichzeitig mit den alten G9ern das Abitur ablegen. Auch der Beginn zweier Fremdsprachen in Klasse 5 wurde an der Lender bereits vor vielen Jahren eingeführt und inzwischen ist das einst Biberacher Modell genannte Versuchskaninchen längst über das Erprobungsstadium hinaus und fest etabliert. Rauchfreie Schule war die Heimschule, bevor das Gesetz in Baden-Württemberg den blauen Dunst überall verbot; und die Fremdevaluation, der viele Schulen noch mit gemischten Gefühlen entgegensehen, hat die Lender schon hinter sich mit glänzenden Ergebnissen.

Ein despotischer Schulleiter (womöglich mit Profi lierungsdrang) hätte solche Projekte, deren frühzeitige Einführung ja nicht unbedingt notwendig und keineswegs selbstverständlich war, mit einem Kraftakt gegen Widerstände (etwa aus Kollegium oder Elternschaft) durchboxen können. Charakteristisch für Hubert Müller war es, dass er die Gremien der Schule immer mit nahm auf den neuen Weg, dass er eine ausgeklügelte Architektur aufbaute, mit deren Hilfe er zunächst alle Beteiligten über die Pläne gut unterrichtete, alle Gruppen bei der Meinungsfi ndung und Beschlussfassung mit einband und alle auch bei der Durchführung mit beteiligte.

Transparenz und Kommunikation sind zwei Stichworte, die für Müllers Führungsstil typisch sind. Viele Modeworte, die damit zusammenhängen (z.B. flache Hierarchien) benutzt er nie, überhaupt theoretisiert er wenig, sondern er setzt um. Er predigt nicht Demokratie, sondern er lebt sie. Die offene Tür, der meist fehlende Schlips sind nicht Zufall, sondern Programm. Diese eher äußerlich wirkende Feststellung, zusammen mit der Tatsache, dass er als langjähriges Mitglied des Kollegiums mindestens die Hälfte der Kollegen duzt und von ihnen geduzt wird, führt dazu, dass sein Führungsstil irgendwie skandinavisch wirkt. Und das ist angesichts der Vorbildfunktion, die das skandinavische Schulsystem, namentlich das finnische, überall hat heutzutage, keine schlechte Etikettierung.

Allerdings hat dieser Führungsstil für das Kollegium auch Konsequenzen: Wenn der Chef den Gremien Mitwirkungsrechte einräumt, heißt das für diese auch Übernahme von Verantwortung. Wie immer in der Demokratie ist es auch hier so, dass gewährte Freiheiten mit der Verpfl ichtung zu eigenem Engagement einher gehen. Dieses hat Hubert Müller eingefordert und dieses haben große Teile des Kollegiums, der Eltern und der Schüler bereitwillig eingebracht. Insofern waren Müller und die Heimschule Lender in vielfältiger Weise miteinander verbunden und die Tatsache, dass er aus der Symbiose nun ausbricht, ist schmerzlich. Schmerzlich ist sie auch, weil vieles Außerschulisches oder Nebenschulisches mit dem Namen Hubert Müller verbunden ist: Die großen Exkursionen nach Rom (2001), nach Griechenland (2005) und Israel (2007), an denen jeweils über 100 Personen Schüler, Lehrer und Eltern beteiligt waren, wurden maßgeblich von ihm organisiert (diese Reihe ist wohl nur durch eine Exkursion nach Nordafrika noch zu toppen??!). Dazu kamen viele Studienfahrten mit seinen Lateinern und Griech/innen, die für die Teilnehmer viel mehr waren als nur Studienfahrten; denn der Gruppenleiter war während der Zeit nicht Schulleiter, sondern Altsprachler mit Leib und Seele und Freund. Dies ist sicher etwas, das man nicht von allen Schulleitern sagen kann: Hubert Müller ist ein Freund der Schüler. Und das werden seine neuen Schüler in Alexandria auch schätzen lernen.

Es gibt eine Tatsache, die den Verlust für die Schule zumindest ein wenig abmildert: Und zwar der Umstand, dass genauso wie vor acht Jahren, als es um die Nachfolge von Karlheinz Ott ging, ein guter Nachfolger gefunden wurde. Auch er ist genau zwei Jahre Stellvertreter, auch er hält viel von innerschulischer Demokratie und auch er ist angesehen bei Kollegium, Eltern und Schülern. Lutz Grossmann wird das Lenderschiff in den nächsten Jahren steuern und alle sind sicher, er wird es gut steuern.

Dem alten Steuermann wünschen wir einen guten Stapellauf mit seinem zukünftigen Wüstenschiff und dass er auch in Alexandria Schulgeschichte schreibe.

 

Willkommen Lutz Großmann!

OStD Dr. Hubert Müller

Das hatte die Lender noch nie: einen waschechten Berliner als Schulleiter. Geboren 1968 in Berlin, besucht er in Reinickendorf die Grundschule und das Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er zunächst Jura, dann begann er eine Ausbildung zum Krankenpflegehelfer und fand schließlich mit den Fächern Germanistik und Geschichte die zu ihm passenden Studienfächer. 1996 legte er an der Technischen Universität Berlin sein Staatsexamen ab. Das Referendariat und die ersten Berufsjahre führten ihn an die Katholische Schule Salvator in Berlin-Waidmannslust, und ab August 2004 war er Stellvertretender Schulleiter an der Katholischen Theresienschule in Berlin-Weißensee. Ins Badische zog es Herrn Großmann auch durch seine Frau Irina Großmann, geb. Lutosch, deren Familie badische Wurzeln hat, und so wurde er 2006 Stellvertretender Schulleiter an der Heimschule Lender.

Herr Großmann verfügt trotz seines für Lenderverhältnisse jugendlichen Alters bereits über ausgeprägte Leitungserfahrung; ein Fernstudium Schulmanagement“ an der Universität Kaiserslautern schloss er mit dem Master of Arts ab.

In nur zwei Jahren gewann Herr Großmann durch seine Offenheit, sein Engagement und seine Fähigkeit zum Zuhören und Zusammenarbeiten das Vertrauen von Eltern, Kollegium und Schülerschaft. Als ich in einer Pausenkonferenz verkünden konnte, dass er mein Nachfolger wird, begrüßten die Kolleginnen und Kollegen dies mit langanhaltendem Beifall. Dass er nicht nur ein guter Verwalter, sondern vor allem ein ausgezeichneter Lehrer ist, spürten die Schüler, die er in seinem ersten Lender-Jahr im vierstündigen Politikkurs 12 unterrichtete, sofort: Die Begeisterung über die frische, zupackende Art ihres Lehrers, seine umfassenden Kenntnisse und seine große Einsatzbereitschaft veranlassten viele Schüler seines Kurses, sich für Berlin als Ziel ihrer Studienfahrt zu entscheiden, auch wenn Ziele im Süden Europas als reizvolle Alternativen lockten.

Ganz besonderer Dank sei der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg ausgesprochen: Gelingt es den Verantwortlichen doch, die Schulleitungsstellen so rechtzeitig zu besetzen, dass Kontinuität garantiert ist – dies ist keine Selbstverständlichkeit. So wird am Ende des Schuljahres, wenn wir in einer kleinen Feier meine Verabschiedung und Herrn Großmanns Einführung begehen werden, auch schon der neue Stellvertretende Schulleiter oder die neue Stellvertretende Schulleiterin feststehen.

Allen Altsasbachern kann versichert werden: Die Lender ist in sehr guten Händen.